Samstag, 15. März 2025

Schreibübung "Schreiben gegen die Zeit": schweigen

Ich bin (einigermaßen) aktiv im Schreib-Forum, einer kreativen Schreibkommune im Internet. Dort gibt es jede Woche eine Schreibübung mit dem Namen "Schreiben gegen die Zeit", bei der zu einem genannten Stichwort innerhalb von 60 Minuten ein Text verfasst werden soll. Es geht um freies Assoziieren und das "einfach losschreiben". Eine gute Übung, wie ich finde. Deswegen werde ich hier meine Texte nach einiger Zeit veröffentlichen.

ACHTUNG: Es geht nicht um druckreife Texte, Form und Genre sind nicht vorgegeben. Der Text soll am Ende einfach abgeschlossen sein. Auch muss das Stichwort nicht wortwörtlich vorkommen. Ihr dürft gerne einen Kommentar hinterlassen, wenn ihr das möchtet. Jedes Feedback ist gerne gesehen.

Euer Sascha

Stille kann lauter sein, als so manches Brüllen, Schreien und Jolen. Ich weiß wovon ich rede, das gehört zu meinem Leben dazu. Nun ja, weniger das Schweigen als viel mehr das Lautsein. Aber es gibt diese seltenen Momente, in denen Ruhe angebracht ist, in denen jedes Geräusch eines zu viel ist. 'Was verwindet, wenn man seinen Namen sagt', so geht doch dieses eine Rätsel. Die Antwort ist 'die Stille'. Und wenn ich s darüber nachdenke, dann fällt mir auf, dass wir für Stille dieses Wort haben, aber für die Abwesenheit von Stille entweder gar keins oder aber unfassbar viele Umschreibungen. Geräuschkulisse. Getöse. Lärm. Lautstärke. Das sind alles Begriffe, die das Gegenteil der Stille beschreiben, aber gleichzeitig auch etwas mit sich bringen. Stille dagegen, ja, Stille ist einfach. Es ist Stille. Es fehlt alles andere.

Stil zu sein, zu schweigen, wirklich gelegen hat mir das nie, aber heute muss es sein. Stille kann ein Teil von Angst, von Furcht sein. Stille kann auch ein Teil von Kummer sein. Aber Stille ist in einem gesellschaftlich anerkannten Kontext ein Teil der Trauer. Weiß der Teufel, wie das passieren konnte. Wenn man früher getrauert hat, dann hat man gefeiert. Daher kommt der Totenschmaus. Heute ist selbst das ein trauriges Ereignis. Gut, die Manieren bringen es mit, dass man beim Essen auch eher schweigt, aber die gesamte Atmosphäre ist eher von Trauer geprägt. Wieso ist Stille, wieso ist Schweigen jetzt also so traurig?

Ich akzeptiere es, aber hinterfragen muss ich es auch. Vor allem passt es ja nicht immer zu denjenigen, die betrauert werden. Sollte man traurig sein, wenn nach langer und schwerer Krankheit ein Großvater endlich davon erlöst ist? Man sollte doch eher glücklich darüber sein, dass diese grausame Phase vorbei ist. Sollte man wirklich trauern, wenn ein Neugeborenes kaum mehr als die ersten Atemzüge tut? Okay, doch, da darf man auf jeden Fall trauern. Was stimmt denn heute nicht mit mir? Egal, heute geht es eh nicht um meinen Großvater oder einen Neugeborenen. Heute geht es um einen Mann, zu dem ich stets aufgesehen habe. Einer, der nicht nur mir viel bedeutet hat, sondern sehr vielen Menschen sehr viel Freude gebracht hat. Und er war kein trauriger Mensch, er hätte gewollt, dass wir feiern - mit ihm früher und für ihn heute. Warum also diese Stille hier? Wir sollte ihm ein Fest bereiten!

"Wir danken euch für diesen Moment der Stille für unseren Superstar der vergangenen Jahrzehnte. Ohne ihn wäre dieser Verein nicht da, wo er heute ist. Und wir wissen alle, dass er immer für einen Spaß und eine gute Feier zu haben war. Deswegen lasst uns feiern. Auf geht's auf den Rasen, Jungs, holt den Titel!" So plärrt es aus dem Stadionlautsprecher und die Stille ist hinüber, als hätte man bloß ihren Namen gesagt. Mein Freund neben mir nickt mir zu und nimmt sein Megafon in die Hand. Ich schlage die große Trommel. Das wird ein Fest! Ein echtes Fußballfest!

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