Sonntag, 23. März 2025

Schreibübung "7-14-7": Das Ritual

Im Schreib-Forum gibt es neben der Übung "Schreiben gegen die Zeit" auch eine etwas länger laufende Übung mit dem Namen 7-14-7. Dabei wird 7 Tage über ein Thema abgestimmt, dann hat man (bis zu) 14 Tage Zeit für die Schreibarbeit und im Nachgang wird noch 7 Tage über den Gewinner abgestimmt.

Ich hatte mir immer vorgenommen, daran teilzunehmen. Bei Übung Nr. 104 hat es dann fast richtig geklappt. Ich konnte mich für keines der Themen entscheiden, aber wollte dennoch mitmachen. Kein Problem, Ideen für alle drei Themen hatte ich und hab auch schon drauf losgeschrieben. Am Ende kam mir leider etwas dazwischen und ich habe die Texte nicht fristgerecht eingereicht - aber außerhalb der Wertung konnte ich sie natürlich trotzdem posten. Und ihr kommt hier auch in den Genuss!

Hier die Aufgabenstellung: Eure Figur wohnt zum ersten Mal einer rituellen Handlung bei (zum Beispiel Schiffstaufe, Weihe eines Würdenträgers oder Bestattung). Es spielt keine Rolle, ob die rituelle Handlung tatsächlich existiert, oder ob ihr euch einen eigenen Ritus ausdenkt. Beschreibt den Ablauf der Handlung, wobei auch hier kein Dialog stattfinden soll. Wenn im Kontext des Ritus etwas gesagt wird, ist das natürlich erlaubt. Da eure Figur die Zeremonie zum ersten Mal erlebt, darf sie das Gesehene gern zu einem gewissen Grad werten; der Schwerpunkt sollte jedoch auf der Beschreibung liegen. Mindestens 300, maximal 600 Wörter.

Hier hatte ich schon schnell eine Idee, aber weil ich wenige zeitliche Kapazitäten hatte, kam der Text nicht richtig voran. Ich bin auch nicht ganz glücklich mit diesem ersten Entwurf, weil er etwas platt und emotionslos erscheint, aber daran kann man auf jeden Fall noch feilen.

Euer Sascha

Fremde haben mich verschleppt. Ich kann nicht sagen, wer oder warum. Sie schlugen mich nieder, fesselten mich und verbanden mir die Augen und haben mich dann mitgenommen. Mit gebundenen Händen und Füßen saß ich dann bald in einer muffigen Kammer. Feuchter Lehm, auf Zweige gestrichen, bildet meine Zelle. Er fühlt sich frisch und feucht an, wie gerade erst aus der Erde geholt. Ein glitschiges Gefühl an meinem Rücken und meinen Schultern, schmierig wie Seife. Erkennen kann ich nichts, die Augenbinde hatten sie nicht entfernt, dafür alle Kleidung bis auf meine Bruche. Ich bekam etwas Wasser, aber kein Essen, keine Antworten.
Jetzt öffnet sich die Tür, das kann ich hören. Wobei Tür vielleicht das falsche Wort ist, eher wird die hölzerne Platte vor dem Eingang zur Seite geschoben. Ich glaube, durch die Augenbinde ist mein Gehör geschärft, ich höre eindeutig dieses Klappern. Zwei Hände ziehen mich in die Höhe, eine deutlich größer als die andere, aber beide kräftig und schwielig. Kaum stehe ich, werde ich in die Richtung gezerrt, von der ich annehme, dass es der Ausgang ist. Mit jedem Schritt meiner nackten Füße wird das rhythmische Schlagen von großen Trommeln lauter. Sie werden ein Fest feiern, vielleicht ihr Sieg über mich.

An der frischen Luft nehme ich neue Düfte wahr von blühenden Bäumen, rauchenden Dingen und stinkenden Menschen und zu den Trommeln gesellen sich Stimmen im Chor. Ich verstehe die Sprache nicht und man schiebt mich weiter vorwärts zu den Trommeln. Dann halten sie mich fest. Die beiden, die mich aus meinem Gefängnis geholt haben, stehen neben mir, ich höre ihre Stimmen sich in den Chor mischen und ich rieche ihre Körper. Salzig, schmutzig und, ja, ölig. Aus dem Mund zu meiner Linken dröhnt es guttural und tief, zu meiner Rechten hoch und fast etwas schrill. Ein Mann, eine Frau.
Der Gesang endet mit einem Schrei, der mit dem letzten Schlag der Trommeln abbricht. Es herrscht Stille, in der Ferne höre ich Seevögel, der Wind und die Wellen bilden den neuen Gesang. Es wäre fast friedlich, wenn nicht eine Anspannung in der Luft läge, greifbar und alles erstickend wie ein Daunenkissen. Und plötzlich ein Stoß in meinem Rücken, der mich nach vorne treibt.

Ich stürze nicht, aber mein Fuß stößt unsanft gegen etwas Hölzernes. Ein einzelnes Brett? Nein. Eine Stufe? Ich taste mich vor und spüre das raue Holz eines halben Baumstamms. Darüber ein weiterer. Eine Treppe. Noch ein Stoß. Durch den Impuls steige ich die Treppe hoch, hinter mir höre ich die schweren Schritte meiner Bewacher. Noch ein Stoß, dann Hände an meinen Schultern, die mich nach unten drücken.
Meine Knie reiben auf einer hölzernen Oberfläche. Ein Raunen geht durch die Menge, es klingt wie Wellen am Strand. Ich verstehe noch nicht, was hier geschieht, als die Trommeln wieder einsetzen. Das Raunen wird zum tiefen Singsang, ein brummendes Geräusch wie von hunderten Hornissen. Neben mir treten rhythmisch Füße auf das Holz. Jedes Mal eine kleine Erschütterung, die ich in den Knien und den Zehenspitzen spüren kann.

Das Brummen wird durchbrochen von Schreien und Worten, die ich nicht verstehe. Es klingt wie eine Anrufung an höhere Mächte. Keine Antwort. Ein immer bitterer werdendes Flehen. Der Takt der Trommeln wird schneller, ekstatisch, dem Herzschlag eines schnellen Läufers ähnlich. Ich spüre nicht die Schritte, die sich mir von hinten nähern, aber die Hand in meinem Haar, die meinen Oberkörper nach oben zerrt. Nicht weit genug, um aufzustehen, aber so weit, dass ich gestreckt hocke.
Ich weiß noch immer nicht, was um mich herum geschieht. Dann etwas Kaltes an meinem Hals, dann nur noch Röcheln. Dann nicht mehr. Keine Trommeln, nur Stille.

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